Mentale Überlastung: So bewältigst du den Mental Load
Montagabend, 18 Uhr.
Ein weiterer langer Arbeitstag geht zu Ende.
Endlich erlöst!
Und was jetzt…? In eine Decke kuscheln und schmökern? Deine Lieblingsserie schauen? Mit Freunden auf der Terrasse ein Feierabendbier genießen?
Ach nein, das geht ja nicht! Du wolltest doch einkaufen gehen, weil der Kühlschrank schon wieder leer ist. Und der Wäschekorb ist randvoll... Mist, die Spüle ist voll mit Tellern und Tassen, du musst den Abwasch noch erledigen. Oh und diese zerknitterte Bluse müsste auch mal wieder gebügelt werden!
Moment, morgen ist ja Dienstag... Dann musst du die Kleine zur Musikschule bringen und dein Ältester schreibt am Mittwoch Deutsch und braucht sicher deine Hilfe beim Lernen. Außerdem muss das Auto in die Werkstatt… war das Mittwoch oder Donnerstag? Und das Abendessen mit den Schwiegereltern am Freitag: Was könntest du kochen?
Bye bye, Bierchen auf der Terrasse, wir sehen uns nächste Woche...
Ach nein, bis dahin ist der Kühlschrank schon wieder leer.
Drei, zwei, eins… Mentale Überlastung.
Ganz richtig, dieses Gedankenkarussell, das sich in deinem Kopf in einer Endlosschleife dreht, hat einen Namen: Mentale Überlastung bzw. Mental Load.
Dieses Phänomen beschreibt, wie es einer Person ergeht, die einen Job und gleichzeitig noch andere Aufgaben meistern muss, wie die Organisation des Haushalts und des Familienlebens, Essen kochen usw.
Das ist eine Situation, die du vielleicht aus deinem Alltag kennst und die heute einen wichtigen Platz in feministischen Diskursen einnimmt. Denn tatsächlich handelt es sich um ein Phänomen, das überwiegend Frauen betrifft: 8 von 10 leiden unter dem Mental Load.
Wenn man schon weniger Geld bekommt, häusliche Gewalt erfährt und den täglichen Sexismus aushalten muss, dann kann man auch gleich noch eine zusätzliche Last mit sich herumschleppen.
1. Mentale Überlastung: Eine unsichtbare Last
Müdigkeit, Stress, Reizbarkeit, die bis zum Burnout führen können, sind sehr ernstzunehmende Phänomene.
Es ist ein echter “Doppeltag”, wie Betroffene sagen: Wenn man von der Arbeit nach Hause kommt und sich um den ganzen Haushalt kümmern muss, hat man nie Zeit für sich selbst und steht unter zusätzlichem Druck, nachdem man bereits berufliche Verpflichtungen zu erledigen hatte.
Frauen investieren mehr Zeit in unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Der sogenannte Gender Care Gap in Deutschland beträgt ca. 52,4 Prozent, das heißt, dass Frauen pro Tag im Durchschnitt 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit aufwenden als ihre männlichen Partner.
Warum ist die Diskrepanz so groß?
Weil Frauen sich überwiegend um die täglichen gemeinsamen Aufgaben kümmern (Putzen, Einkaufen, Kochen, Aufräumen, Zeitplanung), während Männer sich eher um gelegentliche individuelle Aufgaben kümmern (Gartenarbeit, Heimwerken, Fahrzeugpflege...). Letztere sind manchmal sogar ein Hobby: Daher sind sich die Männer nicht bewusst, wie viel Verantwortung ihre Partnerinnen tragen, die wahre Haushaltsfeen sind. Sie denken an alles, sehen alles, organisieren alles.
Und das geht weit über die bloße Koordination von Familie und Haushalt hinaus, wie immer mehr Ärzte bezeugen. Noch immer wissen (zu) viele Väter nicht, wie sie sich um die Kinder oder deren Gesundheit kümmern sollen und neigen dazu, sich auf die Mutter zu verlassen, die somit als Bezugsperson in der Familie fungiert. 95 Prozent der Frauen sind der Meinung, dass sie mehr Verantwortung für ihre Kinder tragen. Aber einer von zwei Männern ist der Meinung, dass er sich bereits ausreichend um die Kinder kümmert…
Das ist fast schon ironisch, oder? Männern wird im Allgemeinen die Autorität in der Familie zugesprochen (deshalb sind Frauen in ihren eigenen vier Wänden so häufig Opfer von Gewalt), während die Sorgearbeit den Frauen überlassen bleibt, die sich somit um die gesamte Organisation des Haushalts und des Familienlebens kümmern müssen, während ihre Partner sie völlig allein lassen.
Nicht umsonst spricht man von mentaler Überlastung. Es ist eine Last, die für andere unsichtbar ist, die aber dennoch ihr Gewicht hat und auf den Schultern von Frauen lastet, die sich manchmal schon im Laufe des Tages aufteilen müssen, um ihre Arbeit zu erledigen.
Eine Last, die, wenn sie einem bewusst wird, besonders schwer wiegt. In Großbritannien beispielsweise arbeitet eine Frau durchschnittlich zweieinhalb Jahre länger als ihr Mann, wenn man alle täglichen Aufgaben (Kochen, Putzen, Kinderbetreuung) zusammenrechnet, die sie zusätzlich zu ihrem Job zu erledigen hat.
Zwei Jahre unbezahlter Arbeit natürlich. Man würde am liebsten in den Urlaub fahren, um sich ein wenig zu erholen..... Wie wäre es, wenn du einer Frau helfen würdest, aus diesem zermürbenden Alltag auszubrechen?
Laut Maxime, der sich bereit erklärt hat, über die mentale Überlastung, der er täglich ausgesetzt ist, zu berichten, handelt es sich um einen echten Vollzeitjob, der viel mehr Beachtung verdient hätte. Seine männliche Perspektive ermöglicht es, die Bedingungen ans Licht zu bringen, unter denen so viele Frauen leiden.
2. Maximes Erfahrungsbericht
Ich lasse nun also Maxime, einen Familienvater zu Wort kommen, der das Thema nur allzu gut kennt, da er schon seit Jahren die Rolle des berufstätigen Mannes und des Hausmanns unter einen Hut bringen muss.
“Als unsere Tochter geboren wurde, arbeitete ich bereits im Home Office, während meine Frau gerade ihre Karriere startete. Es war also ganz natürlich, dass sich die Rollen verteilten: Ich war derjenige zu Hause, der die tägliche Hausarbeit erledigte und sich um das Baby kümmerte, während meine Frau diejenige war, die sich auf ihre Karriere konzentrierte. Mit der Zeit pendelte sich diese Aufgabenverteilung immer mehr ein und schließlich übernahm ich diese Rolle, ohne sie weiter infrage zu stellen.
Ich spüre diese Verantwortung jeden Tag in kleinen Dosen, aber es ist sehr leicht, sie zu übersehen und sich zu sagen, dass es im Grunde genommen immer schon so war... Wie eine Art Schicksal, das man akzeptiert.
Jetzt, da man dieses Gefühl endlich in Worte fassen kann, wird mir das Ausmaß des Phänomens wirklich bewusst. Tatsächlich fühle ich mich im Alltag sehr verärgert, weil ich das Gefühl habe, einen zweiten Job zu haben, den ich mir aber nicht ausgesucht habe. Nur kann man diesen Job nicht kündigen, er klebt an einem.
Außerdem gibt es viele Kleinigkeiten, die an sich unbedeutend erscheinen mögen, aber im Alltag schwer wiegen. Im Moment ist es zum Beispiel ein Problem, dass meine Frau die Fleischmesser mit der Klinge nach oben in das Abtropfgefäß stellt, was sowohl für uns als auch für unsere beiden Kinder gefährlich ist. Ich habe ihr schon ein halbes Dutzend Mal gesagt, sie solle vorsichtig sein und die Messer andersherum hineinstellen, aber es hilft nichts, sie stellt die Messer immer noch mit der Klinge nach oben hinein. Das ist genau die Verärgerung, von der ich sprach: Man fragt sich, warum das so weitergeht, warum der andere einem nicht ein bisschen mehr Aufmerksamkeit schenkt... Es ist unverständlich.
Ich empfinde diese Belastung als längerfristig und das führt dazu, dass ich den Platz, den ich in meiner Ehe einnehme, und den Wert, den meine Frau mir beimisst, überdenke.
Ein Beispiel: Eines Tages fragte sie mich, ob wir eine Katze haben könnten. Ich sagte nein. Daraufhin hatten wir drei...
Letztlich wurde eine von Freunden adoptiert und eine andere ist verschwunden, also haben wir nur noch eine Katze. Aber jeden Tag muss ich mich um sie kümmern und sie wird zu einer Art Symbol, weil sie mich an etwas erinnert, das ich nicht wollte, das mir aber aufgezwungen wurde und um das ich mich gegen meinen Willen kümmern muss.
Jeden Tag kratzt unsere Katze an der Scheibe, um zu signalisieren, dass sie ins Haus will: und so gibt es jeden Tag Spuren an der Scheibe, die ich wegputzen muss ... Und jeden Tag erinnern mich diese Spuren daran, dass ich keine Katze wollte, aber keine Wahl hatte. Wie eine kleine Sanduhr, die durchläuft, ärgert es mich und stellt meine Geduld auf die Probe.
Am schlimmsten ist es, wenn auf deine Verärgerung mit “warum bist du genervt?” geantwortet wird. Das war das Problem mit meiner Frau, die meine Situation und meine Beschwerden nicht verstand. Schließlich nahm ich mir die Zeit, ihr meine alltäglichen Probleme zu schildern, ließ sie Artikel zu diesem Thema lesen und das half ihr, sich meiner Situation bewusst zu werden. Wenn ich jetzt genervt bin und es zum Ausdruck bringe, versteht sie mich: Und das allein tut schon gut, weil ich mich endlich gehört und beachtet fühle.
Die mentale Überlastung ist auf lange Sicht sehr belastend... Jeder sollte wissen, was das bedeutet und wie es sich anfühlt, damit man endlich versucht, die Rollen so gut wie möglich auszugleichen. Das ist es, was mich als Mann zum Feministen gemacht hat: Ich verstehe all die Frauen, die erschöpft sind, weil sie sich um alles kümmern müssen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Und zudem habe ich das Glück, ein Mann zu sein und erlebe nicht zusätzlich Sexismus!”
3. Vier Lösungsansätze
Ich stimme dir zu: Wenn man sich dieser Ungerechtigkeit bewusst wird, ist das erste, was man tun sollte, nach einer Lösung zu suchen...
... Nur ist das nicht so einfach!
Denn die mentale Belastung ist eine der direkten Folgen des Patriarchats. Nach dem Motto: Die Frauen sind für die Küche zuständig und die Männer für die Arbeit. Es ist ihre Aufgabe, das Geld nach Hause zu bringen, und wenn die Frau auch einen Job finden will, ist das ihr Problem: Sie muss es schaffen, Beruf und Familie zu vereinbaren.
Tatsache ist, dass es immer noch sehr kompliziert ist, einigen Leuten klar zu machen, dass die Hausarbeit gerecht aufgeteilt werden muss (die Zahlen, die ich vorher genannt habe, zeigen: Nicht alle Männer sind bereit, ihr Verhalten zu ändern).
Wie kann man also konkret vorgehen, um ein System zu ändern, das seit Jahrhunderten fest verankert ist?
Ich schlage vier Lösungsansätze vor, um die mentale Überlastung besser bewältigen zu können...
Auf politischer Ebene:
Vätern einen Vaterschaftsurlaub anbieten, der dem Mutterschaftsurlaub entspricht, oder zumindest dafür sorgen, dass Väter während der Dauer des Mutterschaftsurlaubs anwesend sind.
Es wird oft gesagt, dass Mütter die Elternzeit eher brauchen, um sich von der Geburt zu erholen oder um ihren Beckenboden zu trainieren.
Schön und gut, aber haben sie wirklich die Zeit, sich um sich selbst zu kümmern, wenn sie neben dem Baby auch noch um den Haushalt kümmern müssen? Anstatt die Zauberkarte der Großmutter zu ziehen, wäre es vorteilhaft, den Vater einzubinden, der so bei den ersten Schritten in die Elternschaft dabei wäre.
Denn ganz ehrlich, ein Mutterschaftsurlaub hat nicht mehr viel von einem Urlaub ... Es gleicht eher einem Vollzeitjob als Elternteil.
Das Thema bereits in die Schulbildung integrieren, um allen eine gerechtere Verteilung der Aufgaben innerhalb der Familie beizubringen.
Dies ist beispielsweise in Japan der Fall, wo den Schülerinnen und Schülern beigebracht wird, ihre Klassenräume zu reinigen, sowohl den Mädchen als auch den Jungen. Das ist eine hervorragende Möglichkeit, jedem Einzelnen unabhängig von seinem Geschlecht Verantwortung für seine Rolle zu übertragen und diese Praxis in den Alltag zu integrieren.
Im übertragenen Sinne spricht man oft von der “Schule des Lebens”, aber auch ganz wortwörtlich lehrt uns die Schule Dinge für das Leben. Natürlich lehrt sie uns Mathematik und Französisch, aber auch das Leben in der Gemeinschaft und trägt de facto dazu bei, die Bürgerinnen und Bürger von morgen zu formen. Die Schulbildung sollte sich daher auch mit Gleichstellungsfragen befassen, indem sie Themen wie Sexismus und damit einhergehende Probleme wie mentale Überlastung, thematisiert.
In unserer Partnerschaft:
Mit dem Partner oder der Partnerin offen darüber sprechen, ohne Angst davor zu haben, Tatsachen klar zu benennen.
Erkläre ihm/ihr, dass es anstrengend ist, sich um den Haushalt zu kümmern; dass ein Kind zu zweit gemacht wird und daher beide Elternteile dafür verantwortlich sind; und dass es nicht so schwer ist, ab und zu einen Schwamm in die Hand zu nehmen und den Abwasch zu machen...
Erklären, aber sich auch Gehör verschaffen: Es geht nicht darum, es nur zu erwähnen, sondern man muss darauf bestehen, um deutlich zu machen, dass man genug hat. Schließlich ist dein Partner oder deine Partnerin ein verantwortungsbewusster Erwachsener: Es ist nicht nötig, dass er/sie noch länger bemuttert wird.
Nimm dir Zeit für dich selbst und gönne dir Pausen von dem Stress
Vor lauter Vorzeige-Arbeitnehmerin, Mutter und Ehefrau kann man schnell vergessen, dass man in erster Linie eine Frau ist und es verdient, sich Zeit für sich selbst zu gönnen. Ob es nun ein entspannter Nachmittag ist, an dem man sich um nichts kümmern muss und ein schönes Bad nimmt oder ob man eine Soloreise macht – jeder hat seine eigene Art, abzuschalten…
Im Grunde genommen müsste jede Person versuchen, diese Last, die auf ihren Schultern lastet, loszulassen. Denn solange wir sie tragen, solange wir sie akzeptieren, ist sie unsichtbar; und erst an dem Tag, an dem wir beschließen, den Rucksack abzusetzen, können die anderen endlich sehen, was wir auf unseren Schultern getragen haben.
Sich zu weigern, diese Last zu tragen, bedeutet außerdem, das Hamsterrad anzuhalten. Denn machen wir uns mal nichts vor: Wenn wir darauf warten würden, dass Regierungsentscheidungen in unserem Sinne getroffen werden, ohne unser Umfeld auf die Probleme aufmerksam zu machen, hätten wir bis heute noch kein Wahlrecht...
Da niemand unsere Situation sehen will, sollten wir sie den anderen deutlich vor Augen führen.
Schließlich gibt es meines Wissens nach kein spezifisches Gen für Putzen oder Kochen, das dem weiblichen Geschlecht inhärent ist. Und ja, die sexistischen Sprüche sind sowas von veraltet, denn Frauen gehören nicht ausschließlich in die Küche, genauso wenig wie die Rolle des Mannes darin besteht, Geld für seine kleine Familie zu verdienen. In dieser Hinsicht kann man auch den Trend des Gendermarketings infrage stellen.
Es ist wichtig über die mentale Überlastung zu sprechen, um die kleinen Ungerechtigkeiten des Alltags besser bekämpfen zu können, die letztlich eine gefährliche Belastung für Frauen darstellen… Denn leider ist das Thema für viele immer noch neu.
Bei dem Thema spielen verschiedene Faktoren eine Rolle (Patriarchat, Sexismus, Partnerschaft), und es kommt in verschiedenen Lebensbereichen vor (Familie, Haushalt, Arbeit) und bringt unzählige Konsequenzen mit sich (u. a. Burnout Risiken).
Ich könnte noch stundenlang über mentale Überlastung reden, aber leider muss ich los...
... Mein Partner und ich gehen jetzt zusammen einkaufen.
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